juris PraxisReporte

Anmerkung zu:BAG 8. Senat, Urteil vom 25.07.2024 - 8 AZR 24/24
Autor:Dr. Torsten von Roetteken, Vors. RiVG a.D.
Erscheinungsdatum:16.10.2024
Quelle:juris Logo
Normen:§ 64 ArbGG, Art 20 GG, Art 28 GG, Art 3 GG, Art 12 GG, § 14 TzBfG, Art 93 GG, § 90 BVerfGG, Art 33 GG
Fundstelle:jurisPR-ArbR 41/2024 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Franz Josef Düwell, Vors. RiBAG a.D.
Prof. Klaus Bepler, Vors. RiBAG a.D.
Zitiervorschlag:von Roetteken, jurisPR-ArbR 41/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

Beeinträchtigung des allgemeinen Rechts auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt durch Ausübung des Organisationsermessens



Leitsätze

1. Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, Bewerber von der Auswahl für eine im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzende Stelle auszunehmen, bei denen eine wirksame sachgrundlose Befristung wegen einer Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber nicht rechtssicher möglich ist, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung.
2. Die Organisationsentscheidung, eine Stelle im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzen und nur Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, mit denen eine entsprechende sachgrundlose Befristung nicht wegen einer Vorbeschäftigung möglicherweise unwirksam ist, hält sich regelmäßig im Rahmen des dem öffentlichen Arbeitgeber zustehenden weiten Organisationsermessens.



A.
Problemstellung
Menschen, die bei einem bestimmten öffentlichen Arbeitgeber bereits in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis gestanden haben, müssen bei einer erneuten Bewerbung für ein späteres sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber mit der Ablehnung einer solchen Bewerbung schon deshalb rechnen, weil § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eine weitere sachgrundlose Beschäftigung ausschließt. Das BAG hatte sich im Revisionsverfahren zum Urteil des LArbG Hannover vom 18.12.2023 (4 Sa 913/22) mit der Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise zu befassen und sie bejaht.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin war während ihres Studiums beschränkt auf die Vorlesungszeiten, d.h. entsprechend befristet, insgesamt sieben Mal als Tutorin ihrer Universität beim Land Niedersachsen beschäftigt. Im Juli 2021 schrieb das Land eine Stelle als sozialpädagogische Fachkraft mit einer sachgrundlosen Befristung für 22 Monate aus. Die Bewerbung der Klägerin lehnte das Land ab, da diese aufgrund ihrer Beschäftigungen als studentische Hilfskraft „bewerbungsunfähig“ sei.
Die dagegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Nachdem der Zeitraum für die Wahrnehmung der ausgeschriebenen Aufgaben während des Berufungsverfahrens abgelaufen war, beschränkte die Klägerin ihr Begehren auf die Feststellung, das beklagte Land sei nicht berechtigt, die Klägerin von einer befristeten Tätigkeit als sozialpädagogische Fachkraft von vornherein mit Hinweis auf ihre Vorbeschäftigungszeiten als studentische Hilfskraft bei der Universität V. auszuschließen. Hilfsweise beantragte sie die Feststellung, das beklagte Land sei nicht berechtigt, sie von einer sachgrundlos befristeten Tätigkeit als sozialpädagogische Fachkraft in der sozialen Arbeit in schulischer Verantwortung von vornherein mit dem Hinweis auf ihre Vorbeschäftigungszeiten als studentische Hilfskraft bei der Universität V im Zeitraum Oktober 2016 bis Juli 2020 auszuschließen. Das LArbG Hannover bestätigte im Berufungsverfahren die erstinstanzliche Klageabweisung.
Der nunmehr für Konkurrenzschutzverfahren (Art. 33 Abs. 2 GG) zuständige Achte Senat des BAG hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Den an erster Stelle genannten Feststellungsantrag hält das BAG für unzulässig, weil die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt habe, aus welchen Gründen ihre Vorbeschäftigungszeiten zur Unwirksamkeit einer späteren Sachgrundbefristung führen könnten. Es fehle deshalb am rechtlichen Interesse, die Rechtslage insoweit zu klären.
Den hilfsweise gestellten weiteren Feststellungsantrag hält das BAG für zulässig. Da die Berufungsinstanz diese hilfsweise Klageerweiterung nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 533 ZPO als zulässig angesehen habe, sei sie in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen. In der Sache hält der Achte Senat des BAG den Feststellungsantrag für unbegründet. Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine ausgeschriebene Stelle nur im Wege eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zu besetzen, ordnet das BAG dem Bereich der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidungen zu. Es handle sich um eine Frage der Ausgestaltung von Stellen und deren Bewirtschaftung.
Das BAG nimmt an, der Ausschluss von Personen mit Vorbeschäftigungen führe für die Klägerin zu einer erheblichen Belastung, weil nur befristet zu besetzende Stellen für diesen Personenkreis unerreichbar seien. Nachfolgend macht das BAG geltend, der Ausschluss von sachgrundlosen Befristungen im Falle einer Vorbeschäftigung sei verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wie sich aus dem Beschluss des BVerfG vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 Rn. 35 ff.) ergebe. In der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftigten im Arbeitsverhältnis (Art. 12 Abs. 1 GG) und den im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG verankerten sozial- und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen erwiesen sich die mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verbundenen Beeinträchtigungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als zumutbar. Im Hinblick auf die Vorbeschäftigungen der Klägerin lässt sich für den Arbeitgeber die Frage nach einer hinreichend rechtssicheren Befristung des von der Klägerin angestrebten Arbeitsverhältnisses nicht beantworten. Das rechtfertigt für das BAG, ihre Bewerbung abzulehnen und den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag abzulehnen.


C.
Kontext der Entscheidung
Das hier besprochene Urteil des BAG vom 25.07.2024 folgt dem eine Sachgrundbefristung betreffenden Urteil vom 29.02.2024 (8 AZR 187/23) und überträgt die dort getroffenen Aussagen auf eine sachgrundlose Befristung. Die Urteilsgründe vom 29.02.2024 und 25.07.2024 lassen erkennen, dass öffentliche Arbeitgeber sich ungeachtet des durch Art. 33 Abs. 2 GG für alle Deutschen gewährleisteten Rechts auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt – vorbehaltlich ihrer individuellen Qualifikation – für eine mit oder ohne Sachgrund beabsichtigte Befristung entscheiden können, insoweit nur die Einschränkungen des § 14 TzBfG zu beachten haben und davon ausgehend Bewerbungen unberücksichtigt lassen können, mit denen eine zugelassene Befristung nicht vereinbart werden kann.
Welche Gründe der Entscheidung für die jeweilige Befristung zugrunde gelegt werden, ist nach Auffassung des Achten Senats des BAG unerheblich, obwohl die Beeinträchtigungen für die auf diese Weise vom Zugang ausgeschlossenen Personen vom BAG ausdrücklich als erheblich bezeichnet werden. Diese Erkenntnis bleibt jedoch in jeder Hinsicht folgenlos, da die Erheblichkeit der Belastung die Rechtsstellung entsprechend belasteter Personen in keiner Weise rechtlich verbessert. Die rechtliche Irrelevanz dieser Erheblichkeit führt zu der Frage, warum sie erwähnt wird. Eine sachliche Bedeutung für die nachfolgend angestellte Interessenabwägung wird der Erheblichkeit nicht zuerkannt, so dass ihre Erwähnung überflüssig ist. Das BAG täuscht insoweit eine Interessenabwägung vor, die real nicht vorgenommen worden ist.
Sachgrundbefristungen können sich je nach Art des dafür maßgebenden Sachverhaltes als im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG zulässige Beschränkungen erweisen, weil es um die Einrichtung des jeweiligen Amtes geht, dessen Besetzbarkeit Voraussetzung für das Entstehen des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Zugangs- und Teilhaberechts ist. Das ist z.B. der Fall, wenn im Haushaltsplan entsprechende Personalmittel nur für einen bestimmten Zeitraum bereitgestellt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 7 TzBfG), eine vorübergehend wahrzunehmende Aufgabe zu erledigen ist (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG). Beide Varianten lassen sich dem Bereich von Organisationsentscheidungen zur Einrichtung von Ämtern zuordnen und betreffen damit das Entscheidungsfeld vor der Entstehung des Zugangsrechts. Gleiches kann für eine Befristung zur Vertretung gelten (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG), sofern man nicht davon ausgeht, dass für die Erledigung dauerhaft oder für längere Zeit anfallender Aufgaben Personal in dem Umfang einzustellen und bereitzuhalten ist, dass auch im normalen Umfang anfallende Vertretungsfälle abgedeckt sind.
Derartigen Sachverhalten steht eine sachgrundlose Befristung von vornherein nicht gleich. Der Entscheidung für eine solche Form der Ausgestaltung des künftigen Beschäftigungsverhältnisses kann ein die Beschränkung des allgemeinen Zugangsrechts rechtfertigender Grund nur zugrunde liegen, wenn er die Einrichtung des Amtes bzw. die Art der wahrzunehmenden Aufgaben selbst betreffen würde. Die Entscheidung des Arbeitgebers für eine sachgrundlose Befristung weist in die gegenteilige Richtung und lässt zumindest vermuten, dass ein konkreter die Einrichtung des zu besetzenden Amtes betreffender Grund nicht vorliegt noch erwogen worden ist.
Die Berufung des Achten Senats auf die vom BVerfG festgestellte Vereinbarkeit von § 14 TzBfG mit dem GG geht fehl. Zwar stellt der Tenor des Beschlusses vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) die Vereinbarkeit des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG mit dem GG fest. Das gilt ausweislich dieses Tenors aber nur nach Maßgabe der Entscheidungsgründe. Sie beziehen sich nicht auf die Zulässigkeit von Befristungsmöglichkeiten und deren nähere Ausgestaltung im TzBfG hinsichtlich des Art. 33 Abs. 2 GG und dem sich daraus ergebenden allgemeinen Zugangsrecht. Bezugspunkte der Entscheidungsgründe des BVerfG sind nur die Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 Satz 1 GG. Erwägungen zu Art. 33 Abs. 2 GG hat das BVerfG nicht angestellt.
§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG hat zur Folge, dass Menschen, die bei einem öffentlichen Arbeitgeber einmal befristet beschäftigt waren, zu öffentlichen Ämtern keinen Zugang mehr haben, die dieser Arbeitgeber aufgrund seines „Organisationsermessens“ nur befristet besetzen will. Die Ausübung dieses Ermessens beschränkt die Reichweite des Zugangsrechts dahin gehend, dass die betroffene Person von ihrem Zugangsrecht überhaupt keinen Gebrauch mehr machen kann, soweit der entsprechende Arbeitgeber betroffen ist. Der Achte Senat des BAG sieht das ebenso, begründet jedoch nicht, aus welchen Gründen gerade diese Rechtsbeschränkung zulässig sein soll.
Art. 33 Abs. 2 GG konkretisiert das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) für den öffentlichen Dienst dahin, dass unter Aspekten der staatsbürgerlichen Gleichheit und ggf. in Abhängigkeit von der persönlichen, charakterlichen Eignung, der fachlichen Qualifikation Zugang zu jedem – für eine Besetzung vorgesehenen – öffentlichen Amt verlangt werden kann, wobei die Ausgestaltung der nachfolgend geltenden Beschäftigungsbedingungen vom Zugangsrecht unmittelbar nicht umfasst wird. Die Beschäftigungsbedingungen dürfen jedoch außerhalb von Art. 33 Abs. 4 GG und der diese Regelung ergänzenden Regelung des Art. 33 Abs. 5 GG nicht so ausgestaltet werden, dass die Ausübung des Zugangsrechts unmöglich gemacht wird, ohne dass sich dies mit der individuellen Qualifikation begründen lässt.
Die Bedingungen, unter denen eine Person nach der Gewährung des Zugangs zu einem öffentlichen Amt in ihm beschäftigt wird, ist kein Teil der dem Zugangsrecht vorgelagerten Organisationsebene zur Einrichtung von Ämtern, sondern folgt der Realisierung des Zugangsrechts nach. Das BVerfG hat insoweit durch Kammerbeschluss des 2. Senats entschieden, dass ungeachtet der einem Arbeitsplatz zugewiesenen Aufgaben und deren möglicher Zuordnung zu Art. 33 Abs. 4 GG die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierenden Rechte nicht auf die Frage beziehen, ob zur Wahrnehmung des zu besetzenden Amtes ein Beamtenverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis begründet wird (BVerfG, Kammerbeschl. v. 25.11.2011 - 2 BvR 2305/11 Rn. 20). Gleiches gilt für die Ausgestaltung der Bedingungen des für die Aufgabenwahrnehmung beabsichtigten Beschäftigungsverhältnisses und folglich auch für die Befristung eines zu begründenden Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich um eine der Ausübung des Zugangsrechts nachgelagerte Frage.
Das Interesse an der Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln rechtfertigt es als solches nicht, bestimmte Kategorien von Menschen von der Ausübung des staatsbürgerlichen Zugangsrechts nur deshalb auszuschließen, weil sie beim gleichen Arbeitgeber schon einmal befristet beschäftigt waren. Der Beschluss des BVerfG vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14 u.a.) nimmt zu dieser Frage keine Stellung, weil es die Prüfung einer Vereinbarkeit von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht einmal in Erwägung gezogen hat. Dementsprechend kann der Beschluss vom 06.06.2018 insoweit weder eine positive noch eine negative Bindungswirkung entfalten.
Art. 25 Buchst. c des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte gewährleistet als einfaches Bundesgesetz allen Staatsbürgerinnen und -bürgern das Recht und die Möglichkeit, ohne Unterschied nach den in Art. 2 IPbpR genannten Merkmalen und ohne unangemessene Einschränkungen unter allgemeinen Gesichtspunkten der Gleichheit Zugang zu öffentlichen Ämtern zu haben. Der Begriff der Angemessenheit kann als Brücke angesehen werden, um die Ausübung des der Schaffung tatsächlicher Zugangsmöglichkeiten zugrunde liegenden Ermessens zu begrenzen und insoweit auf die Auslegung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch den Beschluss des BVerfG vom 06.06.2018 zurückzugreifen. Das setzt voraus, dass Art. 33 Abs. 2 GG in seiner Gewährleistung der staatsbürgerlichen Gleichheit und des Zugangs zu jedem öffentlichen Amt keine über Art. 25 Buchst. c IPbpR hinausgehenden Rechte begründet.
Das Interesse eines Arbeitgebers an einer sachgrundlosen Befristung ist schlechthin ungeeignet, die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Rechte zu begrenzen oder auszuschließen, wenn das entsprechende Amt besetzt werden soll.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Urteile des BAG vom 29.02.2024 (8 AZR 187/23) und vom 25.07.2024 (8 AZR 24/24) retten den öffentlichen Arbeitgebern den uneingeschränkten Zugriff auf alle durch § 14 TzBfG eröffneten Befristungsmöglichkeiten, und zwar auch dann, wenn eine Vorbeschäftigung dazu führt, dass der Zugang zu einer solchen Beschäftigung von vornherein ausgeschlossen ist, weil entgegen den Wünschen des Arbeitgebers nach einer Befristung des Arbeitsverhältnisses die Gefahr besteht, dass die eingestellte Person mit Erfolg die Unzulässigkeit der konkreten Befristung geltend macht und so in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis „wechselt“.
Davon unberührt bleibt für die konkret von der Auswahl ausgeschlossenen Personen die Möglichkeit, unter Berufung auf die vom BVerfG in seinem Beschluss v. 06.06.2018 (1 BvL 7/14 u.a.) entwickelten Kriterien einer unzumutbaren Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG eine Teilnahme am jeweiligen Auswahlverfahren zu erreichen. Zu diesen Fragen hatte das BAG in seinem Urteil vom 25.07.2024 nicht Stellung zu nehmen, da der allgemein gehaltene Feststellungsantrag der Klägerin keinen Anlass geboten hatte, auf bestimmte konkrete Konstellationen einzugehen und insoweit die Frage aufzuwerfen, ob die Berufung auf den Befristungswunsch bzw. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG im Einzelfall für Betroffene unzumutbar ist.
Von der Teilnahme am Besetzungsverfahren von vornherein im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ausgeschlossene Personen können auf der Grundlage der vom BAG vertretenen Auffassung Rechtsschutz nur durch eine Verfassungsbeschwerde an das BVerfG geltend machen. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG lassen die Verfassungsbeschwerde zu, wenn mit ihr eine Verletzung eines durch Art. 33 GG gewährleisteten Rechtes geltend gemacht wird.


E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Der Achte Senat des BAG bekräftigt in Rn. 21 seines Urteils seine im Urteil vom 29.02.2024 (8 AZR 187/23 Rn. 29) im Anschluss an die Rechtsprechung des Wehrdienstsenats des BVerwG entwickelte Auffassung, dass Organisationsentscheidungen im Vorfeld der Personalauswahl jedenfalls dann zu dokumentieren sind, wenn sie zum Ausschluss von Personen in ein nach dem Prinzip der Bestenauslese durchzuführenden Auswahlverfahren zur Besetzung einer Stelle führen. Die Dokumentation der für eine solche Organisationsentscheidung maßgebenden Gründe ist nach Auffassung des BAG erforderlich, um der von der Auswahl ausgeschlossenen Person eine sachgerechte Kontrolle der Organisationsentscheidung zu ermöglichen (ebenso BVerwG, Beschl. v. 27.05.2020 - 1 WB 17/19 Rn. 21 m.w.N.). Die in Rn. 30 des Urteils vom 29.02.2024 erfolgte Prüfung der seinerzeit zu beurteilenden Dokumentation erschöpft sich jedoch in der Feststellung, dass schon die Ausschreibung auf die künftige Befristung hingewiesen habe, ferner darauf, es dürfe nicht die naheliegende Möglichkeit bestehen, eine Sachgrundbefristung könne wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein. Diese Dokumentationsanforderungen erschöpfen sich darin, dass die Entscheidung für eine Befristung bzw. deren konkrete Art vor Eintritt in das Auswahlverfahren gefallen sein muss. Das vom BAG entwickelte Dokumentationserfordernis erstreckt sich nach Maßgabe seiner Urteilsgründe nicht auf die tatsächlich vom Arbeitgeber als maßgeblich angesehenen Gründe, sich für eine Befristung bzw. deren konkrete Art zu entscheiden. Diese Informationen müssen laut BAG in der Dokumentation nicht enthalten sein, so dass der vom BAG angeführte Kontrollanspruch unerfüllbar bleibt, wenn er auf die Gründe bezogen wird, derentwegen die Entscheidung für eine Befristung gefallen ist. Mit diesem Verständnis weicht der Achte Senat des BAG – ungeachtet des von ihm erweckten Anscheins – von der Prüfungsdichte des Wehrdienstsenats ab, der die Angabe der konkret erwogenen Sachgründe für die Organisationsentscheidung voraussetzt (BVerwG, Beschl. v. 26.02.2020 - 1 WB 70/19 Rn. 19). Allerdings hat sich der gleiche Senat in seinem Beschluss vom 27.05.2020 (1 WB 17/19 Rn. 22) für die Erfüllung der Dokumentationspflicht damit begnügt, dass der Dienstherr sich für eine Querverweisung entschieden und deshalb den Antragsteller aus dem Auswahlverfahren herausgenommen habe.



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